23-04-2012 08:32  teilchen
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"

Hallo,

einen Kuhflüsterer gabs bisher noch keinen, aber Martin Ott vom schweizerischen Gut Rheinau scheint dafür geboren zu sein.
Er hat jetzt ein Buch über seine Beobachtungen herausgegeben - schon die Rezension ist ein Genuss zum Lesen.

Hier ein paar Zitate aus der Rezension:

"Das tiefe Interesse am Tier ist eine Bringschuld des Menschen, der mit Tieren arbeitet", sagt Martin Ott.

Die Entwicklungsgeschichte zeige, dass die Domestizierung der Kuh und das Sesshaftwerden der Menschen zusammenfallen: Mit ihrer einzigartigen Verdauung vermittle sie allen und allem um sie herum Rhythmus, wie ein Metronom: "Die Kuh hat uns die Kultur des Verharrens gelehrt."

Die Zukunft der Milchproduktion sieht Ott nicht in der Massentierhaltung: "Kühe sollen nicht in dumpfe Ställe eingesperrt sein, ohne Kontakt zu den Menschen. Das Tier verdient Besseres, als auf seine Funktion der Nahrungsmittelproduktion für den Menschen reduziert zu werden, um anschließend in Schlachthöfen noch als Rohstofflieferant zu dienen."

Pferde- und Viehzüchter nennen Tiere, die einen anmutigen Ausdruck haben und in ihrer Gesamtheit etwas Schönes ausstrahlen, ein Tier "mit viel Sonntag". Dafür gebe es klare Richtlinien. Eine gute Kuh etwa hat drei Dimensionen: Sie ist lang, tief und weit.

"Der Mensch dankt der Kuh ihre Leistung, indem er ihr verantwortungsvoll ein Leben in Würde ermöglicht." Und Würde setze voraus, dass das Tier einen Eigenwert zugesprochen bekommt, der über den Wert der gelieferten Rohstoffe hinausgeht.

 

  23-04-2012 08:47  helmar
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
Hallo Teilchen,den Artikel habe ich gelesen, und die Postings dazu......aber was glaubst du persönlich, wo geht es einer Kuh besser? Ich meine jetzt was Sozialverhalten, Platzangebot, Melktechnik usw. betrifft? In einem neuen, hellen, luftigen Laufstall oder in einem der immer noch oft mit kleineren Beständen bestehenden( auch in Bio erlaubt) Anbindeställen? Vielleicht kannst dich noch ans Sauabstechen oder rinderschlagen in deiner Kindheit erinnern......ist da alles so gut, fein und lieb zugegangen? Und glaub mir, solange ich Kühe hatte, ist mit denen die Kommunikation auch recht gewaltfrei abgelaufen. Jetzt spring ich manchmal in fremden Ställen ein, was glaubst wie schwer ich mich ohne gute Tierbeobachtung tun würde........
Liebe Grüße, Helga

  23-04-2012 10:08  bauernbeispiele
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
hallo!
Dem kann ich nur beipflichten. Als ich mich noch mehr in heimatlichen Gefilden aufgehalten habe, hatte ich auch immer einen besonders guten Draht zum Rindvieh (daher der Nickname) und kannte jedes beim Namen. Schon mit 14 Jahren wurde ich von meinen Eltern gefragt, welches Stück Vieh sie kaufen sollen und fast immer hat sich das als gute Entscheidung herausgestellt. Ich habe es immer schon gehasst, wie manche Bauern ihr Vieh prügeln (da kann man oft nicht mehr von "anleiten" sprechen, sondern wirklich von roher Gewalt, da gibt es einen Unterschied). Ich war auch immer die Person, die die Stiere am besten beruhigen konnte, wenn sie vor dem Abtransport wie wild auf dem Anhänger gewerkt haben. Nachdem ich in versch. Praktika auch in fremden Ställen gemolken habe, weiß ich auch, wie wichtig es ist, die Körpersprache der Tiere "lesen" zu können.
Ich denke, es findet auch in der Landwirtschaft ein Umdenken statt: in der Schule habe ich gelernt, wie Ställe mit viel "Kuhkomfort" aussehen, was ganz gegensätzlich zu dem war, was ich daheim und in der Nachbarschaft in Anbindeställen, teilweise auch noch in recht alten, niedrigen Gebäuden mit wenig Fenstern so gesehen habe.

  23-04-2012 11:07  walterst
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
@teilchen
der erste Kuhflüsterer ist das nicht. Es gibt schon etliche Jahre Seminare dazu


  23-04-2012 12:20  Christoph38
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
Ich sehe die Sache ähnlich.
Wenn es nach dem Wert der von unseren Rindern gelieferten Rohstoffe ginge, wäre eine Unterbringung in einem kleinen Kellerloch ohne Fenster und tägliches Durchprügeln durchaus angemessen.

Aber für meine Familie sind die Tiere mehr als Produkterzeuger, darum behandeln wir die Tiere gut, lassen sie auf die Weide, bieten einen Stall mit genug Platz und Einstreu, tun alles damit es den Tieren gut geht.
Letztendlich geht es einem ja selber besser dabei, wenn man Geschöpfe mit Würde behandelt.
Mich freut es auch, wenn ich in den Stall gehe und die Tiere einen zufriedenen ruhigen Eindruck machen.



  23-04-2012 18:42  iderfdes
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
Also Helmar, am besten ist sicher ein Laufstall mit Weidegang, aber ich glaube, dass es Anbindehaltung mit Auslauf und Weidegang sicher mit ganzjähriger Laufstallhaltung aufnehmen kann. Was ich aber eigentlich erzählen wollte, war etwas zu der Frage, ob es beim Schlachten immer so fein zugegangen ist.
Die Schweine wurden bei uns immer in einem Raum neben dem Saustall geschlachtet. Und zwar wurden die jeweiligen Tiere ein paar Tage trainiert, indem man sie in den Raum gelassen und dort mit Milch gefüttert hat. So freut sich die Sau schon jeden Tag auf diesen Gang, bis eines Tages der Schlächter dort wartet. Und während das Tier noch säuft, hat er den Schussapparat angesetzt und vorbei wars. Die Sau hat nichts davon mitbekommen, weiß heut noch nicht, dass sie tot ist.
Das ist heute noch meine Vorstellung der perfekten Schlachtung.

  23-04-2012 19:21  biolix
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
Hi !

bin vol deiner Meinung iderfedes !
Und wer glaubt im Laufstall müssen die Tiere "verwildern", der kommt mal zu uns und schaut wie "handzahm" sogar die Jungrinder sind.. ;-))

lg biolix

  23-04-2012 20:21  liesbeth
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
Seit ich vor kurzem den Kuhpraktikerkurs gemacht hab, schau ich unsere Kühe viel genauer an. Wie ist das Haarkleid, wie schauen die Klauen aus, Körperbau, zu fett, zu mager, Kotkontrolle usw.
Ich fühle mich sehr verantwortlich für unseren Tierbestand, und sie vertrauen uns,dass wir sie gut behandeln.
lg liesbeth

  23-04-2012 23:35  179781
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
Vom "Sauabstechen" früher habe ich andere Erinnerungen. Die "auserwählte" Sau wurde im Stall gefangen und mit einem Strick um den Rüssel unter großem Geschrei (von der Sau) und mit viel Kraftaufwand (von den Beteiligten Leuten) aus dem Stall gezerrt. Dort mit einem Schlag auf den Kopf betäubt und dann geschlachtet. Als ich größer war, habe ich dann einmal vorgeschlagen, die Sau nicht mehr anzubinden, sondern mittel vorgehaltener Holzplatten aus dem Stall zu treiben und mit dem Flobertgewehr zu schießen/betäuben. Und siehe da, das ging ruhiger, schneller und mit weniger Anstrengung und für die Sau obendrein streßfrei.

Gottfried

  25-04-2012 22:33  teilchen
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"

@helmar

Du wirst in dem Artikel gelesen haben, dass es nicht um Anbindehaltung geht, sondern um möglichst naturnahe Haltung.
Es ist sicher nicht so, dass die Menschen früher im allgemeinen besser mit den Tieren umgegangen sind, nur weil sie enger mit den Tieren gearbeitet und gelebt haben.
Wie Menschen mit Tieren umgehen, ist meiner Meinung nach keine Frage von Stalltechnik oder Epoche, sondern Charaktersache.
Das denke ich natürlich auch über Stadttiere, die oft so gehalten werden, dass es der Mensch möglichst bequem hat, aber das Tier lebt seine eigene Natur nicht mehr.


  26-04-2012 06:40  helmar
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
Hallo Teilchen......und in diesem Artikel wird unterschwellig, wie so oft, rübergebracht "bio gut zu den Tieren , die anderen nicht"...und das finde ich ist schon ein starkes Stück, wie auch manche Kommentare. Ein wahres Gustostück ist jener wo angeblich alle anderen Bauern in die Häuser geflüchtet sind und der Biobauer "kuhgeflüstert" hat.......glaubt denn jemand im Ernst dass in einem grösseren Bestand die Tiere täglich in den Melkstand geprügelt werden?
Mfg, Helga

  26-04-2012 07:11  teilchen
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"

@helmar

Im Standard-Forum sind die meisten Poster Nicht-Landwirte.
Die meisten dort wissen gar nicht, was ein Melkstand ist.


  26-04-2012 20:57  helmar
Kühe verstehen oder "ein Tier mit viel Sonntag"
Darum glauben sie ja auch der Werbung....
Mfg, Helga



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