Kärnten ist in einer Woche pleite, weil Österreich dessen Schulden nicht bezahltKärnten ist das europäische Argentinien. Das österreichische Bundesland muss für hohe Schulden einer seiner Banken gegenüber Investoren haften - und die wollen in einer Woche ihr Geld zurück. Es sei denn, Österreich macht ihnen noch ein gutes Angebot.
Die österreichische HETA-Bank ist die erste echt "Bad Bank" Europas. Darin sammelte der österreichische Staat 2014 die notleidenden Teile der im Zuge der Finanzkrise verstaatlichten Hypo Alde Adria.
Leichtfertige Garantien von Jörg Haider
Rund elf Milliarden Euro Schulden haben sich hier angesammelt. Die Gläubiger sind zumeist Banken und Versicherer, viele davon aus Deutschland. Der österreichische Staat und vor allem das Bundesland Kärnten bürgen für die Schulden der HETA.
Und damit hat sich Kärnten offensichtlich übernommen. Die Gläubiger wollen in einer Woche das Geld, Kärnten argumentiert, dass es das schlicht nicht besitzt. Der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hatte die Garantien für die Schulden leichtfertig ausgesprochen.
Österreich will Schuldenschnitt
Jetzt will Österreich einen neuen Schuldendeal. Zuletzt bot Finanzminister Hans Jörg Schelling den Gläubigern eine sofortige Rückzahlung von 75 Prozent der Schulden, sowie eine Art Gutschrift für die restlichen 25 Prozent, die in 18 Jahren beglichen werden soll.
Doch die Gläubiger, darunter etwa auch die deutsche Commerzbank, lehnten das ab. Die Gutschrift ist nicht verzinst, das Risiko hoch, dass durch Inflation in 18 Jahren Verluste für die Gläubiger entstehen. Sie bestehen darauf, dass Kärnten die restlichen 25 Prozent bezahlt. Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg hat bereits ausgerechnet, dass mit dem von Österreich vorgeschlagenen Modell nur rund 82 Prozent der Schulden zurückgezahlt würden.
Notfalls geht Kärnten insolvent
Die Gläubiger sträuben sich dagegen auch deswegen, weil die HETA einen seiner größten Gläubiger schon in vollem Umfang ausbezahlt hat. Die BayernLB einigte sich im Herbst 2015 auf die Rückzahlung von zwei Darlehen. Gleichzeitig bot Österreich den restlichen Gläubigern einen 30-prozentigen Schuldenschnitt an. Das erregte verständlicherweise die Gemüter - und die ließen sich auch durch das jetzige neue Angebot nicht beruhigen.
Finanzminister Schelling hat bereits gedroht, Kärnten notfalls insolvent gehen zu lassen. Doch die Gläubiger argumentieren, dass das Bundesland die notwendigen Auslagen bequem über Darlehen vom österreichischen Staat oder den Finanzmärkten refinanzieren könnte.
"Das ist ein mieses Angebot"
Selbiges verlangt die EU etwa von Griechenland oder der Ukraine, wenn es um Schuldenrückzahlungen geht - und beide Länder sind nach Ansicht der britischen Ökonomin Frances Coppola weitaus ärmer als Kärnten. "Österreich macht den Gläubigern schlicht ein mieses Angebot", sagt sie.
Manche der Gläubiger würden das vielleicht sogar annehmen, doch es braucht eine Zweidrittelmehrheit, damit ein Deal zu Stande kommt. Und die Ad-Hoc-Gruppe, die rund ein Drittel der Gläubiger vertritt, hat den Vorschlag bereits abgelehnt.
Österreich wird zum europäischen Argentinien
Das Angebot gilt bis kommenden Freitag, 11. März. Eine Einigung ist unwahrscheinlich. Dann kommt es zum Showdown: Entweder Österreich legt ein besseres Angebot vor oder Kärnten ist technisch pleite, weil es sich zu zahlen weigert. Das würde aber einen gefährlichen Präzedenzfall setzen.
Andere Länder könnten sich dann auch schlicht weigern, für Bürgschaften einzustehen. Das wiederum würde Banken und Versicherer nicht mehr motivieren, Geld zu verleihen. Die Zinsen auf Anleihen würden unweigerlich steigen, um den Investoren das höhere Ausfallrisiko schmackhaft zu machen. Bundesländer und Staaten könnten sich schwieriger finanzieren als jetzt.
"Österreich wirkt mehr und mehr wie Argentinien", sagt Coppola in Anspielung auf den jahrelangen Schuldenstreit des südamerikanischen Landes mit zwei US-Hedgefonds. Auch der Streit um die HETA könnte ihrer Ansicht nach noch lange weitergehen.
Von Christoph Sackmann