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Milch: Der Bauer als Hasardeur
06. Juni 2008, 20:17 Unknown User
Milch: Der Bauer als Hasardeur
Milch: Der Bauer als Hasardeur 06.06.2008 | 18:46 | Hanna Kordik (Die Presse) http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/kordiconomy/389039/index.do Eine Woche gab es Milch-Streik, dann wieder doch nicht. Wer sind die Leute, die tausende österreichische Milchbauern aufgehetzt und in den Lieferboykott hinein theatert haben? Versuch eines Psychogramms. Die Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag: Da saßen sie also vorne am Podium, die zwei Herren von der IG Milch, und man kann wirklich nicht behaupten, dass sie unsympathisch rübergekommen wären. Lieb war zum Beispiel, dass sie das bereit stehende Mineralwasser verschmähten und sich ihre mitgebrachte Milch einschenkten. Erfrischend bodenständig waren ihre Vorträge, die ein bisserl konzeptlos wirkten, aber dafür von Herzen kamen. Als der eine dann auch noch mitten im Satz stockte, weil er mit den Tränen kämpfen musste, war wohl dem letzten Skeptiker im Raum klar: Da ist ehrliche Betroffenheit im Spiel. In der ganzen Aufregung vergaßen die beiden dann auch noch auf die wesentliche Botschaft ihrer Pressekonferenz. Aber gottlob haben die Journalisten noch viele Fragen gestellt, und dann war es endlich heraußen: Der Milch-Streik, den die IG Milch eine Woche zuvor initiiert hat, ist zu Ende. Zwar ohne irgendeinen herzeigbaren Erfolg für die IG Milch, aber wenigstens haben alle eine Woche lang ihren Spaß gehabt. Spaß? „Das war ein unmenschlicher Druck“, gab IG-Obmann Ewald Grünzweil zu Protokoll. Zum Beispiel die Telefoniererei rund um die Uhr. O-Ton Grünzweil: „Mir tun die Ohren richtig weh.“ Aber wir wollen ihm zugute halten, dass er sicherlich die Bauern gemeint hat: In jenen Dörfern, in denen es streikende Betriebe gegeben hat, soll nachgerade Ausnahmezustand geherrscht haben: Konflikte bis zum Exzess – innerhalb der Familien, in den Wirtshäusern, auf der Straße. Aber was sein muss, muss halt sein. Muss es? Warum haben (angeblich) tausende Bauern bei dem Boykott mitgemacht? Was hat sie veranlasst, Dorf- und Familienidylle aufs Spiel zu setzen? Zumal die Milchpreise in Österreich ohnehin um einiges höher sind als in Deutschland, wo der Streik seinen Anfang genommen hat. Fragen, die nicht wirklich mit Rationalität zu beantworten sind. Doch ein Blick hinter die Kulissen der IG Milch ist da sehr hilfreich. Vier Jahre ist die IG schon alt. Und damit ist sie eine Dissidenten-Gruppe, die die österreichische Agrarpolitik am längsten beschäftigt. Angefangen hat alles mit einem Billa-Werbeprospekt, den Milchbauer Grünzweil seinerzeit in die Finger bekam. Ein Prospekt, in dem Milch, wie Grünzweil erzählt, „zu Schleuderpreisen“ angeboten wurde. Grünzweil war empört. Und organisierte eine Bauern-Demo vor einigen Supermärkten. Und das ist eigentlich der springende Punkt: Grünzweil wandte sich nicht an die örtliche Bauernvertretung. Er nahm die Dinge selbst in die Hand. „Ich fühle mich von den etablierten Interessenvertretungen schon lange nicht mehr vertreten“, sagt Grünzweil, „die beschwichtigen ja eh nur.“ Das Gefühl, verlassen und verraten worden zu sein – das ist der Nährboden, auf dem die IG Milch bestens gedeiht. Schon die Gründungsmitglieder der IG, allesamt Milchbauern, verbindet vor allem eines: die tiefe Enttäuschung über „ihre“ Interessenvertretung und über die etablierte Politik. Ernst Halbmayr zum Beispiel. Der ist IG-Milch-Mann der ersten Stunde und Grünzweils Stellvertreter. In Agrar-Kreisen wird erzählt, dass sich Halbmayrs Zerwürfnis mit seiner Interessenvertretung schon vor mehreren Jahren ereignet hat. Das war, nachdem er junge Milchkühe aus Deutschland erworben hatte. Als ein Gutteil des Bestands verendete, muss das für den Milchbauern eine maximale Katastrophe gewesen sein. Keine Frage. Sein Zorn über den Schicksalsschlag soll sich aber an der Landwirtschaftskammer entladen haben – weil sie ihm nicht den Schaden ersetzt und auch nicht für ihn prozessiert hat. Ein Kammer-Funktionär schüttelt den Kopf: „Leute, die so ein Total-Service von ihrer Interessenvertretung verlangen, werden wir natürlich nie zufrieden stellen können.“ IG-Gründungsmitglied Leo Steinbichler hatte auch so seine Probleme mit „denen da oben“: Der einstige Bauernbund-Funktionär war in der Partei seinerzeit so erfolgreich, dass er es sogar zum ÖVP-Bundesrat-Mandat brachte. Bis er, so wird erzählt, durch „radikale Wortspenden“ parteiintern in Ungnade fiel. Er verlor sein Mandat – und siehe da: fand postwendend in der IG Milch seine neue Heimat. Mittlerweile hat sich Steinbichler auch mit seinen IG-Milch-Kumpanen zerstritten. Was ihn im November veranlasste, trotzig die „IG Fleisch“ zu gründen. Die Konsequenz: Er wurde prompt aus der Bezirksbauernkammer und dem Bauernbund ausgeschlossen. Das ist zwar einerseits verständlich, weil ein Opponent einer Bauernvertretung nur schwer auch in dieser sitzen kann. Andererseits: Je mehr die Agrar-Rebellen von den etablierten Agrar-Granden ausgegrenzt werden, desto größer ist ihr Zulauf. Das kennen wir ja irgendwie aus der Politik. „Die IG Milch hat über die Jahre richtig Sekten-Charakter bekommen“, befindet ein Agrar-Experte. Ein Sammelbecken für frustrierte, enttäuschte, verbitterte Milchbauern ist sie allemal. „Die haben nur ein paar tausend zahlende Mitglieder“, so der Experte, „aber unglaublich viele Sympathisanten.“ Junge und alte Bauern, große und kleine. Menschen, die Schicksalsschläge aller Art zu meistern haben, die Bandbreite reicht von familiär bis wirtschaftlich. Stets sind „die da oben“ Schuld, stets gibt es von „denen da oben“ keine Hilfe, stets fühlen sie sich von der IG-Familie verstanden. Wie denn auch nicht? Die Chefs der IG Milch sind auch zornig, sind wehrhaft und sprechen eine klare Sprache. „Die sind wirklich toll drauf“, urteilt ein Agrar-Funktionär. Und das ist nicht einmal sarkastisch gemeint. Vor eineinhalb Jahren schaffte die IG Milch zum Beispiel die Marke „A faire Milch“ mit der rot-weiß-roten Plastikkuh „Faironika“, die man überall am Land sieht. Die Idee dahinter: Die Milch wird im Handel zu höheren Preisen verkauft, das zusätzliche Geld wird über einen Fonds an die Mitglieder refundiert. Kein unbedingt transparentes System – trotzdem bleibt für die Bauern das Gefühl: Da wird nicht bloß viel geredet, sondern auch etwas für uns getan. Im vergangenen Jahren hat „Faironika“ immerhin den Staatspreis für Marketing erhalten. Da fühlt man sich doch gleich gut aufgehoben. Dass bei den IG-Milch-Versammlungen oft ein recht rescher – um nicht zu sagen: radikaler – Ton herrscht, ist natürlich auch eine feine Sache. Agrar-Journalisten, die schon einmal das Vergnügen hatten, IG-Veranstaltungen zu moderieren, sind hingegen entsetzt: „Ich mach das nie wieder“, schwört einer. Grünzweil will das alles nicht so eng sehen. „Klar kommen Emotionen hoch, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht“, sagt er. In der Hitze des Gefechts kann schon mal was passieren. Auch ein Milch-Streik.
Antworten: 4
06. Juni 2008, 20:30 Christoph38
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Schön dass du wieder da bist KM. Die anderen Anti IGler verhunzen die schönen Gegenargumente soweit, dass sie dir dann auch keiner mehr glaubt.
06. Juni 2008, 20:55 teilchenbeschleunigerin
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@kuhmechaniker Ja, wie gut Dich wieder hier im Forum zu sehen! lg, tb.
06. Juni 2008, 21:47 rossz
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@km Bleib von mir aus im Forum,aber verzapfe keine Unwahrheiten !!! Rossz
07. Juni 2008, 20:42 gfb
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preis für milch bei allem respekt für die marktwirtschaft. die österreichischen bauern haben eben andere produktionsbedingungen (geografie, landwirtschaftliche strukturen) als andere eu-staaten. natürlich könnte man die landwirtschaft in den schwierigen regionen aufgeben - nur dann hat man wieder ein problem mit der landschaftspflege und ergo mit dem tourismus. ausserdem: wenn 1 liter milch annähernd dasselbe kostet wie eistee, mineralwasser oder limonade dann stimmt sowieso etwas nicht wenn man den aufwand zur milchproduktion (futterernte, melken, (kühl)transport zur molkerei, verarbeitung dort, (kühl)transport zum lebensmittelhandel) und kühllagerung) dem aufwand aufwand für die produktion von eistee gegenüberstellt die konsumenten sollten hier einmal abwiegen was hier wirklich überteuert ist. überlegen SIE: was kostet die produktion von 1 l mineralwasser? quelle http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/388755/index.do?from=suche.intern.portal
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jetzt müsste man nur noch alle gierigen Menschen davon überzeugen können. sonst hätten die großen Lieferanten in D nicht den Milchhahn aufdrehen müssen.
luidschi gefragt am 07. Juni 2008, 16:04
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