Der Geiz der Konsumenten

22. Mai 2016, 20:33 foschei

Der Geiz der Konsumenten

Der Geiz der Verbraucher vernichtet die Bauern 3/50 DIE WELT DIE WELT DIE WELT Claus Christian Malzahn vor 9 Std. TEILEN  TWITTERN  TEILEN  E-MAIL    Bericht aus Die Welt Der Milchpreis ist im Keller, die Existenz vieler Landwirte bedroht. Wir sollten nicht dauernd vom Landleben schwärmen, sondern stattdessen mehr Geld für qualitätvolle Nahrungsmittel ausgeben. Ein Kuhbauer in Deutschland bekommt für einen Liter Milch im Moment weniger Geld, als im Supermarkt bald eine leere Plastiktüte kostet. Beim Discounter wird der Liter dann für weniger als 50 Cent an den Verbraucher abgegeben – der Gegenwert von zweieinhalb Plastiktüten. Milch ist billiger als Mineralwasser. Milch ist nichts mehr wert. Das hat fatale Folgen. Wenn sich die Preisspirale weiter nach unten dreht, werden nicht nur Braunvieh oder Schwarzbunte aus der Landschaft verschwinden. Die Krise droht einen ganzen Berufsstand auszulöschen. Seit Monaten rufen die Bauern um Hilfe, aber in Berlin oder Brüssel hört kaum jemand hin. Es finden zwar Agrarministertreffen statt, es werden halbherzige Maßnahmen beschlossen. Aber der Markt macht den Milchpreis trotzdem kaputt. Bei einem Überangebot sinken eben die Preise. Die Großbauern liefern dann noch mehr Milch an die Molkereien, doch viel hilft nicht mehr viel. Die kleineren Viehbetriebe müssen dran glauben. Irgendwann kommt die Milch nur noch von voll automatisierten Superbauern. Und dann haben es alle wieder nicht gewollt, und keiner ist verantwortlich gewesen. Das Landvolk verschwindet Bestraft werden im Moment vor allem die Bauern, die in der Vergangenheit genau das getan haben, was ihnen geraten wurde: Höfe modernisieren, Kapazitäten erhöhen, in modernste Technik investieren. Der Milchbauer Tobias Miebach geht in Hennef mit einem Protesttransparent auf der Weide vor seinen Kühen© picture alliance / dpa Der Milchbauer Tobias Miebach geht in Hennef mit einem Protesttransparent auf der Weide vor seinen Kühen Nun können sie oft ihre Kredite nicht mehr bedienen, weil der Verfall der Milchpreise ihre Einkommen halbiert. Das hält keine Branche dauerhaft aus. Dennoch dringen die Bauern nicht durch: In der Politik wird im Moment nicht etwa darüber debattiert, wie man das Verschwinden des Landvolks verhindern kann. Stattdessen leistet man sich in Berlin, Brüssel und den Ländern eine hysterische Diskussion um den in Unkrautvernichtungsmitteln verwendeten Wirkstoff Glyphosat, der seit Jahrzehnten im Einsatz ist, ohne dass ein einziger Schaden- oder Krankheitsfall dokumentiert wäre. Auch in dieser Debatte wird von manchen Grünen und Sozialdemokraten ein Zerrbild moderner Landwirtschaft gezeichnet: Bauern als systematische Boden- und Brunnenvergifter. Das ist Öko-Populismus, sonst gar nichts. Wissenschaftlich belegt sind die Gefahren nicht, in der Debatte geht es vor allem um Sorgen und Gefühle. Dagegen lässt sich schwer argumentieren. \"Gegessen wird immer\" Die Landwirtschaft befindet sich wirtschaftlich, politisch und rhetorisch in der Defensive. Und die Bauern haben kein öffentliches Gesicht; niemanden, der ihr Wort in den Talkshows oder dem Bundestag führt. Das liegt in der Natur des eher schweigsamen Berufs. Treffen sich zwei Bauern: Sagt der eine \"schönes Wetter heute\", sagt der andere \"Mann, du quasselst heute aber wieder viel\". Die Deutschen lieben das Landidyll, wohnen aber lieber in der Stadt. Vom wahren Landleben haben immer mehr Bundesbürger kaum eine Ahnung. Wer aber rettet dann die Bauern? Sie können es nur selber tun, gemeinsam mit ihren Kunden, den Verbrauchern. \"Gegessen und getrunken wird immer, die Leute wollen nur wissen, wo es herkommt\", bemerkte kürzlich ein Jungbauer aus Südniedersachsen treffend. Tatsächlich stecken in der Regionalisierung der Vermarktung noch große Chancen, auch wenn sie kein Allheilmittel ist. Transparenz ist vor allem das Gebot der Stunde: Die Bauern müssen Höfe öffnen, Ställe vorzeigen und demonstrieren, dass moderne Ackerwirtschaft kein Hexenwerk ist. Wenn Ausflügler auch weiterhin Kühe auf den Weiden und bestellte Felder sehen wollen, sollten sie beginnen, sich für die harte Wirklichkeit hinter der pittoresken Fassade zu interessieren. Es ist auch niemand gezwungen, einen Liter Milch für 49 Cent zu kaufen. Man kann auch faire Preise bezahlen, freiwillig. Geiz ist nicht geil, er vernichtet Existenzen, stürzt Familien ins Unglück, reißt jahrhundertealte Traditionen jäh ab. Bauern und Städter müssen darüber miteinander ins Gespräch kommen, was in der Provinz passiert. Hier sind auch die Bauernverbände gefragt, die sich viel zu lange auf eine Lobby in Bonn und Berlin verlassen haben, die es inzwischen gar nicht mehr gibt. Selbst in der Union ernten die Agrarier heute abwehrende Reaktionen, wenn sie ihre Anliegen vortragen. Dabei gehören Landwirte und Bauern zu ihren treuesten Wählern. Aber auch das ist kein Naturgesetz. Denn hinter der Landlust steckt immer mehr Landfrust, der sich freilich auch kanalisieren lässt. Der Bauer auf seiner Scholle, im einsamen Kampf gegen den Weltmarkt, das ist für die AfD ein gefundenes Fressen. Man kann die Uhr danach stellen, wann die neue Truppe auf dieses Thema springen wird.

Antworten: 2

22. Mai 2016, 20:41 Fallkerbe

Der Geiz der Konsumenten

wer kennt eine geizigere kundschaft als die Bauern? Wenn bauern zukaufen ist es dann scheissegal, ob das produkt aus China, brasilien oder Singapur ist.

22. Mai 2016, 20:45 G007

Der Geiz der Konsumenten

@Fallkerbe Bei wem ist es anders?

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