Der Krampus anno 1962

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  02-12-2009 21:16  helmar
Der Krampus anno 1962
1962, das erste Schuljahr für mich und meinen Nachbarn. Oft hörten wir, bevor es losging, "na wrtet bis ihr in der Schule seid"......aber so schlecht wars dann gar nicht. Ans Abmarschieren um halb 7 (5 km Fussmarsch, nur ganz selten wurden wir mit dem Auto gefahren) gewöhnten wir uns schnell, und wenn man ruhig war und auf die Hausaufgabe nicht vergessen hat, wars mit der Frau Oberlehrer auszukommen. Anders wars mit dem Heimweg, da gab es allerhand Probleme. Da war der Hahn vom Wirten, der ging gern auf Kinder los, und von der Frau....die Gänse. Das grösste Problem war aber der Göttergatte der Frau...., ein Eisenbahner in Pension. Der lauerte uns regelrecht auf und erzählte uns die wildesten Schauergeschichten. Und wir ahnungslosen Deppen aus der Einschicht glaubten ihn diese auch. So auch dass der Krampus ein schiaches Mordstrumm ist, dass schlimme Kinder mindestens mit der Rute haut oder gar mit seiner Butte in die Hölle mitnimmt.......erst als unsere Eltern uns natürlich glaubhaft versicherten, dass der Krampus nur in der Nacht unterwegs ist und in der Früh schläft, trauten wir uns zum Schule gehen ausser Haus. Zum Glück bestand der Pfarrer nicht auf der Teilnahme an der Rorate im Advent, sonst hätten wir noch früher raus müssen.

Unsere Eltern schienen uns mit unserem Eintritt ins schulische Leben für reif genug für einen echten Krampus zu halten, denn der Nachbar bastelte aus einem Stück Fell, Ziegenhörnern und einem roten Stoffstück eine Krampusmaske. Am besagten Abend borgte er, nachdem er seine Kinder damit erschreckt hatte, dieses Ding meiner Mutter. Mutter war am Abend im Stall, Vater erkältet und lag auf der Bank neben dem grossen Küchenofen. Meine Schwester(4 1/2)und ich hörten gerade im Radio die Gute-Nacht-Geschichte vom Traummännlein über den Heiligen Nikolaus, der die Gaben bringt, als es im Vorhaus rumpelte, eine Kette schepperte und der Krampus bei der Küchentür reinschaute.....wir hatten nie zuvor sowas fürchterliches gesehen und flüchteten zum Vater. Der zischte uns zu"Niederknien".....und die heisere Stimme des Krampusses sagt "Werds ihr beten!" Ich konnte das Vaterunser auswendig, und das stammelte ich herunter, beim Gegrüsset seist du, Maria, piepste meine kleine Schwester immer dann, wenn ich stecken blieb"Amen"....und Vater verbiss sich das Lachen. Auf einmal flog die Tür wieder zu, und der Krampus war draussen. Wir hockten noch eine Weile bis die Mutter reinkam, der wir voller Entsetzen erzählten wer da gewesen ist, worauf sie meinte dass sie im Stall nichts gehört und gesehen hat. Wir waren erleichtert dass ihr nicht passiert ist. Als meine kleine Schwester beichtete, dass die Hose voll, ist sagte meine Mutter kein Wort(was sonst so nicht gewesen wäre), steckte die Kleine ins Schaffl wusch die Bescherung und schickte uns beide ins Bett. Als Krampus ist sie aber nie wieder wo aufgetreten....

Heute, fast 50 Jahre später, wäre das Krampusgesicht aus eben einem Stück Fell samt den Ziegenhörnern auch für 4 jahrige eine Lachnummer. Denn heutzutage erzieht man, auch wenn das manche anders sehen, seine Kinder nicht mit Drohungen wie Schule, wennst net aufisst wirst krank und kommt der Doktor, der wennst net brav bist holt dich der Krampus usw.
Uns konnte man damals sehr leicht allerhand auftischen, wir glaubten alles was die Eltern und Erwachsenen erzählten. An Informationen hatte man das Radio und die Illustrierte Wochenschau im Abo, und auch schon den "Fortschrittlichen Landwirt", in schwarzweiss und mit hellgrünem Titel. Aber abgesehen von den Besuchen bei der Oma, und natürlich Impfungen und sonstige Arztbesuche, waren wir vor unserer Einschulung selten in der Ortschaft unten. Und so blieb uns eigentlich gar nichts anderes übrig, als das zu glauben was man uns erzählte. Und die grossen sorgten schon dafür dass man ihnen auch glaubte....

Als ich diese Aktion mal meiner Tochter erzählte, hat sie sich nur gewundert wie dumm man eigentlich damals Kinder gemacht hat. Auch wenn sich jetzt mancher schmunzelnd drüber amüsiert, dass es auch mal der heute nicht wortfaulen helmar die Red fast verschlagen hat, so sollte er, besonders dann wenn er um einiges, ruhig mal nachfragen, wenn manche ältere Semester von der "guten, alten Zeit" schwärmen und beklagen dass es dies und das "frühernet geben hat".
Mfg, helmar



  02-12-2009 21:41  Felix05
Der Krampus anno 1962
Hallo helmar,

sehr schöne Geschichte.
Hier bei uns kennt ja keiner den Krampus und ich habe mich, ehrlich gesagt, auch erst befragen müssen.

Unser Enkel in Bayern allerdings kennt den "Kramperl", wie er´s sagt.
Der kommt mit dem Nikolaus und bestraft die unartigen Kinder, was natürlich bei ihm nicht der Fall ist :-))), weil immer artig.

Und unsere Tochter meint, es gibt sogar "Kramperltratzn", wo die Kinder den Krampus necken und jagen und dabei aufpassen müssen, nicht selbst gefangen zu werden.
Na ja, andere Länder, andere Sitten.
Ich find´s lustig.

Gute Nacht, Lutz!

  02-12-2009 21:59  Taurus
Der Krampus anno 1962
@helmar Als ich diese Aktion mal meiner Tochter erzählte, hat sie sich nur gewundert wie dumm man eigentlich damals Kinder gemacht hat.

Diesen Satz würde ich mal als "Freudschen Versprecher" bezeichnen.

LG A.

  02-12-2009 23:56  179781
Der Krampus anno 1962
Eigentlich das gleich wie helmar könnte ich auch aus meiner Kindheit erzählen.
Eine zusätzliche Anekdote hätte ich noch: Über unserer Nachbargemeinde haben manche boshafte Zeitgenossen erzählt, dass "die Kinder von S.... den Krampus nicht fürchten, weil sie das ganze Jahr den H....bauer sehen." der besagte H....bauer war ein Sonderling, ein Kleinbauer, der das ganze Jahr über im speckigen Lodenmantel und Gummistiefeln unterwegs war. Er hatte ein Gesicht wie ein Totenkopf mit schwarzen stechenden Augen und einen dunklen Stoppelbart. Aber er war in Wirklichkeit ein friedlicher freundlicher Mensch, nur hat er eben furchtbar ausgesehen.

Gottfried


  05-12-2009 09:38  helmar
Der Krampus anno 1962
Hallo Gottfried.....wir sind mit Grimms Märchen aufgewachsen, und in diesen gehts ja auch nicht gerade friedlich zu. Und bei uns gab es eine alte Frau, sie wurde die "Nettl" genannt, welche immer zusammengeflickte Kleider trug und einen Buckel hatte. Sie war ein lieber Kerl, aber wir Kinder haben uns auch lange vor ihr gefürchtet. Was natürlich aus damit z tun hatte, dass wir ja alles für wahr gehalten haben. Vor einigen Monaten habe ich "Hexenwahn und Aberglaube" von Clemens Hutter gelesen, ein interessantes Buch. Hier wird gut gezeigt, wie mit Manipulation und vor allem der beringen Bildung der Menschen immer irgendein Schuldiger gesucht und gefunden wurde, z.B. bei Hagelwettern und dergleichen. Und Aussenseiter hatten es da besonders schwer und sind genauso Opfer geworden wie jene welche ein höheres Wissen hatten, oder jene welche man mittels der Denunzination was abgeluchst hat. Und dass da die ach so liebevolle christliche Kirche auch fein mitgemacht hat ist kein Geheimnis. Einserseits um die Macht zu vergrössern, andereseits oft genug um weltliche Güter zu ergattern....
Mfg, helmar

  05-12-2009 10:04  edde
Der Krampus anno 1962
also ich hab beim thema krampus diese teufelsmasken in erinnerung, damals als kleiner bub...

heutzutags tun sich die kinder mit teufel zugegebenermassen schwerer--ich würd heut masken von typischen Atheisten nehmen--HITLER oder STALIN--die wirken mehr abschreckend!

mfg



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