Welche Gesellschaft wollen wir?

Antworten: 19
  22-11-2008 08:02  teilchenbeschleunigerin
Welche Gesellschaft wollen wir?

Ich war gestern bei der 50-Jahre-Jubiläumsfeier der KSOe, der Katholischen Sozialakademie.
Die KSOe ist ein Think Tank der Katholischen Kirche und wird von der Bischofskonferenz unterstützt.
Sie arbeitet eng mit dem Ökumenischen Rat und anderen Kirchen zusammen und bietet Weiterbildungsangebote und Publikationen in den Bereichen Gesellschaftspolitik, Erwachsenenbildung und Organisationsentwicklung an.
Sie stellt sich Fragen der Globalisierung, der Ethik in Wirtschaft und Gesellschaft, der Verteilungsgerechtigkeit, gesellschaftlicher Entwicklungen uvm.

Ein Überblick über das breit gefächerte Themenspektrum:
50 Jahre KSOe

Was mir besonders gefällt und was ich bisher nicht wusste, dass fast alle politischen Fraktionen darin als Vortragende bzw. Unterstützer vertreten sind. So ist Alexander Van der Bellen ein langjähriger Vortragender, oder Anton Pelinka, der Politologe, war es über 25 Jahre.

Ich finde es gut, dass es gerade in einer Zeit wie heute so eine Organisation gibt, die jenseits von politischem Kleingeld wechseln nach Lösungen sucht.

lg, tb.



  22-11-2008 08:43  helmar
Welche Gesellschaft wollen wir?
Klingt ja nicht schlecht.......Dialog ist immer sinnvoll, aber wie weit hat da dann "katholisch" die Oberhand? Und vor allem, wenn ein Vortragender nicht Linie ist, wird der dort dann noch öfter zu Wort kommen?
Mfg, helmar

  22-11-2008 09:06  teilchenbeschleunigerin
Welche Gesellschaft wollen wir?

@helmar

Die Vortragenden oder Teilnehmenden müssen nicht bekennende Katholiken sein, wenn Du das meinst.
Wer würde eine Organsiation als Gesprächspartner ernst nehmen, wenn sie nur Gleichdenkende sprechen lässt?
Wozu dann Dialog?

lg, tb.



  22-11-2008 09:26  gerim84
Welche Gesellschaft wollen wir?
net schlecht so eine organi aber eines sperrt sich in meinem kopf immer wieder: kirche und ethik???? wie gehtn des?


  22-11-2008 09:55  helmar
Welche Gesellschaft wollen wir?
Und Toleranz? Wohl nur dann wenn sie auch (wirtschaftlichen?) Nutzen hat...
Mfg, helmar

  22-11-2008 11:11  Else
Welche Gesellschaft wollen wir?

Wirtschaft & Ethik ??

  22-11-2008 11:49  teilchenbeschleunigerin
Welche Gesellschaft wollen wir?
"die" Kirche gibt es genauso wenig wie es "die" Wirtschaft gibt.
Beides sind keine homogenen Konstrukte.
Und so wie es manche zweifelhafte Entwicklungen gibt, blühen in anderen Ecken wieder sehr gute Entwicklungen.

Zu nennen wäre z.B. das Bankhaus Schelhammer & Schattera, das bekannt für ethische Fonds ist. Es investiert nur in Unternehmen, die ethischen Standards entsprechen, wie z.B. keine Ausbeutung menschlicher Arbeit, ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung, keine Kinderarbeit (eh kloar) etc.
Solche Fonds entwickeln sich im Kleinen, natürlich haben sie eine kleinere Gewinnspanne, sind aber sozial und ökologisch verträglicher. Und es gibt zunehmend Vermögende, die solche Fonds suchen.

Helmar, es gibt eine Toleranzgrenze: dort wo die Wadlbeisser u.a. sind.

Das Thema ist nicht Gewinnmaximierung für einige, sondern Nutzenmaximierung für alle.
Das wär doch ein lohnenswertes Ziel.


  22-11-2008 12:03  Kohelet
Welche Gesellschaft wollen wir?
Ich denke, man kann getrost bei den Werten des Grundgesetzes bleiben und versuchen, eine Gesellschaft zu fördern oder erziehen, wo jeder die Chance hat, sein Leben nach seinem Willen und seiner Veranlagung zu gestalten.
Wie oft dies an den sogenannten Sachzwängen scheitert oder droht zu scheitern, brauch ich nicht hervorzuheben.
Heutzutage besteht zwar auf dem Papier eine große Freiheit, seinen Weg selbst zu wählen, doch ist dies in die Praxis eher schwer umsetzen.

Ein Problem bleibt. Jene wo die Zügel halten, ist das Verhalten und Empfinden ihrer (Arbeits) Pferde nebensächlich.
Für Investoren und Manager sind fünf Millionen Arbeitslose kein Problem, sondern der Beweis erfolgreicher Modernisierung der Volkswirtschaft. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, ist noch offen, vielleicht steigt irgendwanndie gesellschaftliche Unzufriedenheit über den kritischen Wert.
Das hätte Auswirkungen auf den sozialen Frieden, der bislang immer ein Hauptargument für Investitionen in unserem Erfolgsländern war.

Die Eigenverantwortung am Einzelnen übersieht, daß zur gesunden Gesellschaft, der Staat eine Chancengleichheit in der Bildung, ein sozial gerechtes Gesundheitssystem und ein geordnetes Finanzwesen gehört.
Die These, daß der „Markt bzw. Wirtschaft“ diesen Verpflichtungen des Staates besser gerecht werden könnte, ist nicht nur weltfremd, sondern auch undemokratisch. Aber Tatsache.

Gruß Kohelet


  22-11-2008 12:04  sophokles
Welche Gesellschaft wollen wir?
Ethische Fonds sind ein auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtetes Marketingprodukt - (Habe sogar schon "ethische Hedgefonds" gesehen.) Und natürlich ist das Thema Gewinnmaximierung! - Ruf mal da an und frag den CEO dieses Unternehmens. Ob das aber ein gutes Beispiel für die gute, freundliche, weltverbessernde Wirtschaft analog zur guten, freundlichen weltverbessernden Kirche sein soll... - irgendwie funktioniert die Analogie ja - Beides zu glauben ist naiv.

  22-11-2008 12:07  sophokles
Welche Gesellschaft wollen wir?
@Kohelet: Guter letzter Absatz ab "Das Dogma" - Stimme 100% zu!

  22-11-2008 12:09  Kohelet
Welche Gesellschaft wollen wir?
Hallo Sophokles,

Genau das war mir jetzt zu Ideologiebezogen ;-)

  22-11-2008 12:13  sophokles
Welche Gesellschaft wollen wir?
ups ..und plötzlich war das Wort weg...:-) Verstehe aber warum du es rausgetan hast.

  22-11-2008 12:32  teilchenbeschleunigerin
Welche Gesellschaft wollen wir?

@Kohelet
Ja, es ist wahr, Wirtschaft kann nicht die Verantwortung des Staates übernehmen, für sozialen Ausgleich zu sorgen.
Aber wenn es weder der Staat noch die Wirtschaft machen, wer dann?

Ich stelle die Frage noch einmal: Welche Gesellschaft wollen wir?

In Indien sehen es die Menschen als gottgegeben an, dass die einen reich und die anderen arm sind. Es ist Karma. Bei uns gab es das auch einmal so ähnlich, als Monarchen glaubten, das Herrschen sei ihnen von Gottes Gnaden gegeben.
Wollen wir auch so denken, dass die einen es "verdient" haben, dass es ihnen von Geburt an gut geht, und die anderen nicht?


@sophokles
Ja, es ist ein gutes Beispiel. Klar, dass es sich im Rahmen der Gesetze des Kapitalmarkts bewegen muss. Es führt kein Weg in jenen Zustand, an dem jeder seinen autarken Bauernhof hat und sein eigenes kleines Wirtschaftssystem ist. Den gab es auch nie.
Und natürlich ist es eine weltverbessernde Wirtschaft.
Es macht einen Unterschied ob ich in die OMV investiere oder in die Waldviertler Schuhwerkstatt (sollte sie Beteiligungen vergeben).

Irgendwo muss man anfangen, Sophokles.



  22-11-2008 13:23  sophokles
Welche Gesellschaft wollen wir?
Hallo Teilchen,

Wie du ja aus früheren Diskussionen weisst, liegen wir was politische und gesellschaftliche Dinge anbelangt auf einer Linie. Daher soll es auch nicht so aussehen als stünden wir hier konträr zu einander.

Ich erlaube mir nur hier meine Skepsis anzumelden.

Vor allem in dem Kontext der Christlichkeit in der du das hier gepostest hast. Denn es waren genau christliche Grundwerte, genauer gesagt reformatorische calvinistische Grundwerte, die uns zu dieser Ausformung des Kapitalsystems wie wir es kennen, zum Hohelied auf die Eigenverantwortung und die letztlich auch auf die Auserwähltheit der Erfolgreichen (im puritansichen Calvinismus) geführt haben! - Das darf man nicht vergessen.

Das Erfolgsmodell Amerika und damit letztlich der Siegeszug des FInanz und Börsenkapitalismus enstammt einer chrstlichen Grundidee der frühen Neuzeit. Das transzendentale Paradies wurde gegen das transatlantische eingetauscht. Mit allen Heilsversprechungen inklusive. Was also in den Sub-strukturen des Kapitalismus werkt sind zutiefst christliche Grundwerte (wenn auch nicht katholische sondern Puritanische und Calvinistische)

Selbstverständlich gab es daneben auch immer Positionen und Gruppen innerhalb des Christentums welche für die Armut, die Schwachen Stellung bezogen. Aber das war ein Minderheitenprogramm: Leute wie Franz von Assisi mögen als Vorbild gelten. Aber erinnerst du dich wie der Streit um die Armut Christi ausging?

Es ist nichts falsch an der Forderung nach Ethik in der Wirtschaft - Aber helfen wird das nichts. Mir wäre eine strenge Regulierung der Finanzmärkte, eine neue und dauerhafte G20 Gruppe um die multipolare Welt tatsächlich zu repräsentieren sowie die Schließung von Steueroasen lieber als moralisiernde Samstagsreden.

Es war auch nichts falsch im "i hope someday you will join us" von John Lennon - Aber wenn du wissen willst was aus dieser Hoffnung geworden ist - Hör mal die Version von A Perfect Circle an.

In diesem Sinn

Liebe Grüsse


  22-11-2008 13:53  Else
Welche Gesellschaft wollen wir?
Hmmm,

"Ethik-Fonds halten, was sie versprechen" steht im Standard vom 20.11. auf Seite 15 ...


http://derstandard.at/PDA/?id=1227102616845


…hier…


  22-11-2008 13:55  biolix
Welche Gesellschaft wollen wir?
Also ich hab mein Geld damals un Heute nicht in Wind und Solarkraft investiert wegen der Gewinnmaximierung.... also tut bitte nicht so als ob alle gleich ist... es gibt die ethische Geldanlage... wenn ich mir z.b. von der Hermes Bank nur 3% zinsen geben lasse, und die an z.b. Biobauern Geld um 4% herborgen, dann ist das die ökosoziale Marktwirtschaft und ethisch noch dazu wie ich es mir vorstelle...

ja wer den letzten Club 2 gesehen hat, das wer ein Schriftsteller ich glaub Lolo hat der geheissen, der war toll. und der hat ein buch geschriben, ich glaub so änlich wie " machen wir unsere welt uns so wie wir wollen...." wir sind gefordert....

lg biolix

  22-11-2008 14:16  Else
Welche Gesellschaft wollen wir?
Hallo Biolix,

der Autor: Klaus-Werner Lobo
das Buch: "Uns gehört die Welt",

Buchpräsentation: zB an der Linzer Uni am 26.11., 19 Uhr -

wo und wann sonst noch kann man bestimmt über "SÜDWIND" erfahren.



  22-11-2008 14:20  sophokles
Welche Gesellschaft wollen wir?
Hi Biolix,

Gewinnmaximierung für den Fonds Biolix! Das Hybridauto, die Brennstoffzelle etc werden auch aus Gewinnmaximierung gemacht. (Dass es gut für die Umwelt ist ein postitver Nebeneffekt)

So löblich dein Engagement für die öko-soziale Sache ist, aber ich darf auch daran erinnern, dass du dir das leisten kannst. Ethikfonds mit wenig Gewinn, Bioprodukte, Citymaut, Elektroautos sind alles wunderbare Sachen - Aber sie sind auch Luxusprodukte und dienen wie der asketische Heilige nicht als Matrix für die, nicht ganz so wohl begüterte, Masse.

Nix desto trotz. Die Gesellschaft braucht die einsamen Heiligen auf ihren Säulen, die Konsumverweigerer und die Biolixe. Auch wenns der Welt nur marginal hilft, dem eigenen Selbstwert ists doch auch recht dienlich - gell Biolix:-)








  22-11-2008 14:57  teilchenbeschleunigerin
Welche Gesellschaft wollen wir?

Hallo Sophokles,

Ich kann Deine Skepsis verstehen, weil ich weiß, was alles im Namen der Kirche läuft.
Dennoch kann es in anderen Bereichen der Kirchen positive Entwicklungen geben, auch wenn es ein Minderheitenprogramm ist.
Soll man deshalb ganz damit aufhören?
Die Erwartung dass alles mit einem Schlag besser wird, wäre naiv.

Es gibt übrigens diese Forderungen der KSOe nach einer sinnvollen Kapitalmarktregulierung seit Jahrzehnten. Mit dem Konzept vom bedingungslosen Grundeinkommen für alle beschäftigt sich die KSOe auch schon seit Jahrzehnten.
Ich glaube schon daran, dass sich die eine oder andere Forderung irgendwann einmal politisch umsetzen lässt, auch wenn es vielleicht noch Jahre oder Jahrzehnte dauert.
Man darf nicht aufhören, an solche Ideen zu glauben. Wenn niemand mehr an eine Idee glaubt, dann ist sie wirklich tot.

Zu Deinem Eintrag an Biolix will ich sagen, es es egal ist ob man viel oder wenig Geld hat. Ob man "ver-mögend" ist, darauf kommt es an.
Natürlich können Leute mit mehr Geld mehr bewegen, und es ist gut wenn sie es auch tun.

Sind meine Einträge "moralisierende Samstagsreden" für Dich?



  22-11-2008 18:30  Hausruckviertler
Welche Gesellschaft wollen wir?
Meine Meinung dazu ist folgende. Ich denke, dass die Kirche, solange sie sich nicht auf das wirkliche Christsein reduziert, nicht wirklich befugt ist ethnische Werte einzufordern. Dazu ist sie, speziell in den höheren Regionen (von den Bischöfen aufwärts und in den Klöstern) zu sehr selbst auf das Geld aus und zum Teil nicht zimperlich wenn es um Macht und Besitz geht.
Würde sich jeder in irgend einer Weise Verantwortliche auf der Welt bei jedem Vorhaben das er umsetzen will Gedanken drüber machen was wohl Jesus in seiner Stelle jetzt tun würde, hätten wir keine Probleme auf der Welt.
Die Grundlagen des Christentums wären die einzig richtigen Richtlinien für alle Probleme auf der Welt. Aber solang sich nur ein Teil der Bevölkerung daran hält, werden immer die die Dummen sein. Die unermessliche Gier von den meisten Verantwortungsträgern ist nun mal das Grundübel dieser Welt. Ausserdem noch die Ansicht, dass nicht der der Beste ist, der die beste Leistung erbringt, sondern der, die die anderen am meisten bescheissen kann.
Die ganze Werbung beruht eigentlich darauf, wie man die Leute auf legalem Weg betrügen kann. Solang nicht jeder zu jedem, der ihm gegenübersteht volles Vertrauen haben kann, dass der auch ehrlich ist, wird es nie wirklichen Frieden, Gleichberechtigung und Wohlergehen für alle geben.



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