Zahlungsmoral der österr. Landesproduktenvermarkter.

Antworten: 5
  15-05-2005 19:55  mandy
Zahlungsmoral der österr. Landesproduktenvermarkter.
Hallo allerseits im Forum!
Möchte wieder mal etwas loswerden, was mir schon seit längerem schwer im Magen liegt und auf mein sonst ganz sonniges Gemüt drückt!
Nämlich die rapide sinkende Zahlungsmoral der Österr. Landesproduktenabnehmer und insbesondere der Kartoffelhändler.
Mir ist schon bekannt, das die Problematik sich von den Supermärkten her aufbaut - was ich aber angesichts der Tatsache nicht verstehen kann, das ich noch bei keinem Einkauf im Supermarkt meine Ware schuldig bleiben konnte. Umso mehr ärgert mich, das sämtliche Handelsketten erst frühestens nach 60 Tagen oder meist lt Kartoffelhändler noch viel später für die längst verkaufte und natürlich vom Konsumenten bar bezahlte Ware Geld überweisen.
Bei diesen Umsätzen, welche unsere großen "Konsumtempel" monatlich machen, ein schönes "Körberlgeld" oder fachlicher formuliert ein versteckter Gewinn (Kapitalverzinsung)
Ob diverse Aufkäufer diesem schlechten Beispiel folgen und ihrerseits noch mal einige Zeit mit "unserem Bauerngeld" arbeiten, lasse ich hier mal im Raum stehen.
Faktum ist: Hole heute deine Produkte - zahle irgendwann!
Eigenlich wäre meine logische Konsequenz - überweise meine Zahlungsaufforderungen auch erst irgendwann!
Nur, jeder der dies bei Finanzamt, Szv, Fernsehgebühren etc. etc. schon mal versucht hat, konnte sehr rasch feststellen, das diese diversen Zahlungsempfänger keinen "Zahlungsaufschub" dulden und sehr rasch mit empfindlich hohen Mahn- und Verzugszinsen den ausstehenden Geldbetrag einfordern.
Mir ist es auch nicht erst einmal passiert, das mir die Rechnung für das Kartoffelsaatgut der neuen Ernte ins Haus flatterte, obwohl ich schon sehnsüchtigst auf den Scheck für die verkauften Kartoffel aus der vergangenen Ernte wartete.
Aber scheinbar ist dies das Los einer Minderheit in einem Staat, das diese geduldig warten, bis die "Big Player" uns wieder gerade soviel vom "Kuchen" abgeben, damit wir einigermaßen über die Runden kommen, den Wetterkapriolen und sonstigen Arbeitserschwernissen (Beamtenstress,Kontrollstress und leider immer mehr kollegialen Neid und Mißgunst) trotzen und sich der "erniedrigende Vermarktungstango"
erneut in Bewegung setzt.
Wurde mich interessieren, wie es euch dabei geht, mich kränkt diese Behandlung schon ziemlich, zumal ich all meine Erfahrung + 100 % persönlichen Einsatz in die Produktion auf meinen Bio-betrieb einbringe (bin im Übrigen schon seit längeren am Aufbau einer DV nach Wien beschäftigt) und es mehr als gerecht wäre, eine angemessene, zeitgerechte Entlohnung dafür zu erhalten.
L.G. mandy


  16-05-2005 08:09  ALADIN
Zahlungsmoral der österr. Landesproduktenvermarkter.
>
Leider hat diese Art der Lieferung und Abrechnung vor vielen Jahren begonnen und wurde von der LWK noch gefördert. ZB: Abrechnung nach Schlachtgewicht..... Die Supermärkte Schlachtbetriebe Mühlen oder Holzfabriken arbeiten mit unserem Geld, sonst müssten sie sich Kredite nehmen. Ich habe einmal gehört wenn alle Kunden nicht zahlen würden, wäre ein Supermarkt in neun Tagen zahlungsunfähig.
Wir sind auch selbst schuld weil wir unsere Produkte weggeben oft ohne das Maß und den Preis zu wissen. Dann müssen wir warten ob und wann wir etwas bekommen.

  16-05-2005 09:13  mandy
Zahlungsmoral der österr. Landesproduktenvermarkter.
> hallo Aladin
Wenn du meine Einträge aufmerksam liest, wird dir schon aufgefallen sein, das ich der "Berufsauffassung" vieler meiner Standeskollegen sehr kritisch gegenüberstehe. Aber trotzdem ist es etwas zu einfach, die Schuld an unserer Vermarktungsstrategie alleine aufzuhängen.
Was wäre die Folge in Zeiten der totalen Überproduktion in der EU-weiten LW für einzelne Betriebe, gegen solche Unarten der Aufkäufer zu rebellieren?
Wahrscheinlich könnte dieser seine Kartoffel, Zwiebel, Milch und sonstige "Überschußprodukte verfüttern oder noch schlimmer kompostieren!
Ein Beispiel gefällig: vor einigen Jahren haben bei uns im Ackerbaugebiet
nahmhafte Bauernvertreter zu einem Rodeboikott bei Kartoffel aufgerufen - um den ruinös niedrigen Produktpreis in erträgliche Höhen zu treiben. Mit folgenden Erfolg:
Einige "träumerische Revoluzzer" hielten sich daran und handelten sich die Mißgunst der Aufkäufer ein - und die "Lieben Berufskollegen" rodeten, was die Erntemaschine hergab und verkauften ihre Kartoffeln damals noch um einige Groschen über den Tagespreis!!!!
Und mit solcher Art von "Solitarität" brauchen wir uns nicht wundern , wenn uns der übermächtige Vermarktungsapparat mit den Rücken an die Wand drückt.
Die selbe Situation beginnt jetzt auch in die Bio-szene Einzug zu halten-
Großbetriebe mit LN von durchschnittlich 5 kleinen Familienbetrieben und noch mehr katapultieren Unmengen von nach zwei Jahren Umstellungszeit anerkannter Bio-ware auf den leider nicht in diesem enormen Ausmaß wachsenden Markt.
Und du kannst dir ausrechnen, wer länger zu Dumpingpreisen produzieren kann - der kleine Familienbetrieb mit schlechterer Maschinenauslastung, proportional weit höheren Abgaben /ha Szv-beiträge etc.etc. oder der Großbetrieb, welcher bei sparsamer Investitionstätigkeit fast schon von den Fördergeldern leben könnte???
Soll ob dieser Ungleichstellung einem nicht der Frust packen?
Wir werden uns leider damit abfinden müssen, das wir immer mehr Arbeitseinsatz in Spezialkulturen zu immer kleineren Produktpreisen tätigen müssen, um nicht das selbe Schicksal der vielen kleinen "Tante Emmaläden" zu erleiden - denn an diesen Beispiel sieht man sehr deutlich, das die für die Rahmenbedingungen verantwortlichen sogenannten "Volksvertreter" erst reagieren, wenn nicht Feuer am Dach ist, sondern bereits das Fundament ausgeglüht ist!!
M.f.G. mandy



  16-05-2005 12:31  theres
Zahlungsmoral der österr. Landesproduktenvermarkter.
> Hallo Mandy,
gebe dir in vielen Dingen recht, wir haben vieles aus den Händen gegeben.
Wenn wir Saatgut oder andere Betriebsmittel kaufen, dann fragen wir nach dem Preis und bekommen eine Rechnung, die wir spätestens nach 4 Wochen zu bezahlen haben,
wenn wir Milch, Fleisch oder Getreide verkaufen, dann bekommen wir eine Abrechnung und der Abnehmer sagt uns, wann wir das Geld bekommen sollen.
Wir haben auch schon öfters die Saatgutrechnung für das neue Getreide überwiesen, aber das Geld für das verkaufte Getreide war noch nicht auf dem Konto.
Zu deinen Ausführungen über bäuerlicher Solidarität kann ich nichts mehr hinzufügen, sondern das ist die traurige Realität,
dass man Bauern niemals unter einen Hut bringen wird.
Das wissen die anderen und können damit gut manövrieren.
Mir ist vor ein paar Tagen eine Fachzeitschrift in die Hände gefallen, die Getreidepreise sollen heuer auf dem letztjährigen Nivau verbleiben, aber wenn ich an die gestiegenen Kraftstoffpreise, Düngerpreise und andere Teuerungen denke, dann kann ich mich nur noch wundern.
frdl. Gr.
regi




  16-05-2005 19:22  mandy
Zahlungsmoral der österr. Landesproduktenvermarkter.
> Hallo regi.
Du schreibst, das die Getreidepreise eigenartiger Weise auf selben Niveau bleiben sollen wie 2004. Weist du, was mich sehr verwundert, das bei ständig sinkenden Deckungsbeiträgen und in Zukunft durch die Modulation gekürzte Ausgleichszahlungen ( wir Bauern sollten uns vehement gegen das Wort Förderung wehren, da wir ja im Vergleich zu unserem früheren Agrarpreissystem durch die massiven Preiskürzungen weit mehr verloren haben als wir jetzt mit Öpul - Krampfmaßnahmen mühsam lukrieren können - Stichwort" Tag des Pfluges",Mulchsaat etc,etc.
die Pachtpreise in unserer Gegend tendenziell eher ansteigen den sinken! Und zum Steigen der Pachtpreise gehören immer zwei einwilligende Parteien, der Verpächter - sein legitimes Recht und der Pächter - den aber meines Wissens keiner dazu zwingen kann.
Folglich müssen wir uns aktiven Bauern schon einmal selbst bei der Nase oder besser beim Rechenstift nehmen!! Leider verstehen es die meisten LW vorzüglich, Höchsterträge zu erzielen und damit sogar noch öffentlich auch hier im Forum zu prahlen, aber einen rentablen und damit wirtschaftlich vertretbaren Pacht zu kalkulieren leider nicht. Bei uns kursiert der Spruch: Pachtflächen muß man sich leisten können! Habe noch von keinen anderen Unternehmer eine derart schwachsinnige Aussage gehört.
Dort läuft die Sache etwas anders:
Schriftlicher Kostenvoranschlag mit reichlich Gewinnspanne - etwas Nachlass im persönlichen Auftragsgespräch - schriftlicher Abschluß oder auf Wiedersehen!
Ich weiß schon, das dies in der LW niemals so ablaufen kann, aber jeder sollte sich wenigstens einmal hinsetzen und durchkalkulieren, was er an seinen Pachtflächen verdient - und würde mich bei manchen nicht wundern, wenn da unterm Strich eine rote Null steht!
Zum Abschluß noch ein kleiner politischer Seitenhieb: Mir liegen noch die Worte des Herrn BM Molterer in den Ohren die da lauteten- Innovativen, dynamischen Landwirten, welche sich ein zweites Standbein schaffen, werden keine Existenzängste in der EU haben müssen.
Leider sagte er damals nicht dazu, das dieses Standbein (Winterdienst, Direktvermarktung, Veredelung von lw. Urprodukten ) zu einem morschen Holzbein werden wird, an dem Finanzamt, Sozial??versicherung der Bauern und sonstige moderne "Wegelagerer" fleißig nagen und die Made aus dem Speck wieder für Vater Staat herausholen, um es in bewährter "Gießkannenmanier" an einige Oberschlauberger zu verteilen.
Fazit: Ich drehe jetzt meinen Traktor im Winter auch noch mal ca 200 Betriebstunden mehr auf den Zähler, damit ich unser marodes Sozialsystem fleißig unterstütze- ach ja, und damit ich vielleicht einmal (wer naiv genug ist möge es glauben) in ungefähr 25 oder mehr Jahren annähernd eine Alterspension bekomme wie sie heute ein Arbeitsunfähiger 5o zigjähriger bekommt, der jedes Jahr 3 Wochen in der Südsee Windsurfen ist - Tatsache!!
Nur weiter so meine Herren in den Regierungsetagen.
Lb. Gr. mandy



  16-05-2005 20:35  theres
Zahlungsmoral der österr. Landesproduktenvermarkter.
> Hallo Mandy,
ja das mit dem Rechnen in der Landwirtschaft kapiere ich auch nicht so ganz. Jeder erklärt mir immer, dass man rechnen muss und eben Höchsterträge das einzige Ziel sind, um überleben zu können,
auf der anderen Seite wenn ich zu rechnen beginne, dann komme ich immer auf ganz andere Zahlen.
Pacht hat für mich teilweise nichts mehr mit betriebsiwrtschaftlicher Kalkulation oder Rechnung zu tun, sondern man will es eben haben und ein paar Hektar mehr und man zählt mehr.
In der Landwirtschaft kann man manches zwar nicht so ganz genau berechnen, das Wetterrisiko und einige andere Unwägbarkeiten bleiben.
Aber mir fallen ein paar Dinge auf, wenn man sich durch die Fachzeitschriften durchliest, dann brauchts schon einen imensen Aufwand, um Getreide zu produzieren, auf der anderen Seite wissen die Marktpartner scheinbar jetzt schon, was das Getreide bei der Ernte kosten wird, da frägt man sich schon, ob wir noch einen Markt haben??
Das grösste Problem der Landwirtschaft ist ihr Fleiss, man kann kürzen und drücken wie man will, einfach noch ein paar Stunden mehr draufgesattelt, ein weiteres Standbein, noch einen Zusatzverdienst,
durch den Einsatz von Betriebsmitteln die Erträge zu steigern-
und unterm Strich bleibt jedes Jahr ein bisschen weniger.
So muss man im nächsten Jahr halt noch ein bisschen mehr arbeiten,
was dazusuchen.
Und so geht es Jahr um Jahr-
manchmal frage ich mich nur- wieviel Luft haben wir noch??????
Ich habe vor ein paar Tagen einen Artikel gelesen, der sich um das Lebensgefühl auf dem Hof gedreht hat,
schön langsam drängt sich bei mir die Frage auf,
ob wir nicht in einem Hamsterrad gefangen sind?
frdl. Gr.
regi




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